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"Ich habe bei ‘19’ nicht explizit an gesellschaftliche Aspekte gedacht. Es kann natürlich sein, dass der Film die Atmosphäre der Zeit widerspiegelt, in der er entstanden ist. Aber in erster Linie ist ‘19’ eine Geschichte. Eine Geschichte, die ich erzählen wollte." Kazushi Watanabe

Kazushi Watanabes ‘19’ basiert auf einer wirklichen Begebenheit, die einem Freund des Regisseurs widerfahren ist: "Es war diese eigentümliche Konstellation, die mich fasziniert hat: drei junge Männer, die einen Studenten sozusagen zum Spaß entführen", erzählt Watanabe. "Anfang und Ende der Geschichte, also Entführung und Freilassung des Jungen, sind tatsächlich passiert. Das meiste dazwischen ist frei erfunden, auch die Existenz des zweiten Opfers." Wie im Film, ist auch in der Wirklichkeit nicht bekannt, was aus den drei Entführern wurde. Sie stiegen ins Auto, fuhren los und blieben verschwunden.

1996, im Alter von 19 Jahren, verarbeitete Kazushi Watanabe den Stoff zu seinem 8mm-Kurzfilm ‚19’, der auf dem renommierten Studentenfestival PIA ausgezeichnet wurde. "Im Kurzfilm konnte ich allerdings keine Szenen einbauen, in denen die Figuren ausführlich entwickelt werden konnten. Um die Konstellation ausspielen zu können, brauchte ich die Spielfilmlänge."

19 – Fiktion und Wirklichkeit

Für die Entwicklung des Spielfilms ‘19’ behielt Watanabe die Grundkonstellation der Geschichte bei und konzentrierte sich auf die Figurenzeichnung und die stärkere Gewichtung der Szenen mit dem zweiten Entführungsopfer. "Natürlich habe ich die Charaktere der tatsächlichen Beteiligten, von denen mein Bekannter erzählte, stark verändert. In Wirklichkeit waren sie keineswegs so ‚naiv’ wie im Film. Aber einige Ereignisse geben ganz genau wieder, was damals passiert ist, die Dialoge während der Autofahrt beispielsweise. Oder die Episode beim Abschied, als die Entführer ihrem Opfer die Ein-Dollar-Note geben. Das ist wirklich geschehen – und ich kann keinen Grund dafür finden, warum jemand so etwas tun sollte. Weil die Geste so rätselhaft ist, behielt ich sie im Film – ohne allerdings ihre Bedeutung analysieren oder der Szene meine Meinung aufzwingen zu wollen."

Schon im Drehbuch waren den Entführern keine Namen, sondern japanische Regionen zugeordnet: Yokohama, der seltsam kindliche Anführer der Dreierbande, Kobe, der schweigsame Fahrer, und Chiba, der Hobbyfotograf. Watanabe ging dabei von der japanischen Realität aus. "Je näher man in Japan jemanden kennt, desto weniger spricht man ihn mit Namen an. Deswegen habe ich beim Schreiben die Namen weggelassen – ich wollte das Gefühl für die Wirklichkeit behalten." Für die Balance der Geschichte war es Watanabe wichtig, auch die komischen und grotesken Aspekte der Geschichte zu erzählen. "Die Gruppe unternimmt ganz gewöhnliche Dinge, wie den Besuch im Supermarkt. Das erinnert ein bißchen an Familienaktivitäten, obwohl ich denke, dass es mehr um Beziehungen geht, in denen sich Altersunterschiede ausdrücken. Solche Dinge haben mich interessiert, weil sie die Geschichte so eigentümlich machen. Für Usami ist die gesamte Situation der Entführung ein schreckliches Erlebnis, aber für die drei Jungs ist das ganz normal. Diesen Unterschied, diesen Kontrast fand ich interessant."

19 – Dreharbeiten und Besetzung

Das Drehbuch von ‘19’ legte Watanabe der japanischen Produktionsfirma Gaga Communications vor, die umgehend zusagte. Mit einem Budget von knapp 500.000 US$ wurde ‘19’ zwischen Juni 1999 und März 2000 produziert, wobei die Dreharbeiten einen Monat, die Postproduktion weitere fünf Monate in Anspruch nahmen. In der Besetzung arbeitete Watanbe mit einer Mischung aus professionellen Schauspielern und Laien. In der Rolle des Usami ist der vor allem aus Fernsehdramen bekannte Daijiro Kawaoka zu sehen, die Rolle des zweiten Opfers übernahm mit Masashi Endo ein erfahrener Filmschauspieler. Einen prägnanten Auftritt als Polizist hat Nachi Nozawa, der in Japan als Synchronstimme von Stars wie Al Pacino und Alain Delon legendär geworden ist.

Demgegenüber stand die Dreierbande, deren Anführer vom Regisseur selbst gespielt wurde. "Ich woltte die Schurkenrollen mit Darstellern besetzen, die in der Wahrnehmung des Publikums kein festes Image haben", erzählt Watanabe. "Die Rollen von Kobe und Chiba sind mit Freunden von mir besetzt, die über keine schauspielerische Erfahrung verfügten. Sie sollten im Film einen ungewöhnlichen und unheimlichen Eindruck vermitteln. Ich wollte keine klassische, filmtypische Darstellung. Daijiro Kawaoka z.B., der ein professioneller Schauspieler ist, spielte zu Beginn etwas stereotyp. Ich habe ihm erklärt, dass er den Schockzustand und die Verängstigung, in der sich seine Figur befindet, nicht extra betonen muss – das ist die Arbeit des Regisseurs." Beim Drehen hielten sich das Team sehr genau an die Vorgaben des Drehbuchs, Improvisationen wurden weitgehend vermieden. Der Film verzichtete dennoch nicht auf die Spontaneität der Darstellung. Es gab keine Probenzeit vor den Dreharbeiten, alle Einstellungen wurden nur ein einziges Mal gedreht.

19 – Der Look

Gedreht wurde ‘19’ auf Super-16mm. Die besondere visuelle Charakteristik des Films, sein ausgewaschener, ausgebleichter Look, in dem immer wieder einzelne Farben aus einem mitunter fast monochromen Hintergrund herausstechen, verdankt sich einem komplexen Prozess von digitaler Bearbeitung und mehrfachen Materialtransfers in der Postproduktion. Zuletzt wurde der Film auf NTSC ausgespielt und anschliessend auf 35mm-Film transferiert. "Ich habe einen bestimmten Ton, eine bestimmte Stimmung gesucht, die zur Geschichte passt", erzählt Watanabe. "Dafür haben wir in der Postproduktion viel ausprobiert, was oft eine unsichere, manchmal wirklich experimentelle Arbeit war. Aber im Endeffekt, glaube ich, haben wir diesen Ton gefunden."

19 – Eine Geschichte

Kazushi Watanabe wollte sich mit ‚19’ von gängigen Erzählweisen des japanischen Mainstream-Kinos lösen. " Es ging mir nicht darum, japanische Elemente aus dem Film herauszuhalten. Aber ich wollte diese spezielle Note eines japanischen Films verlieren. Diese abgestandenen Bilder, die stereotype Darstellungsweise – alle diese Dinge, die ich in japanischen Filmen oft sehe, wollte ich vermeiden." Bewußt orientierte sich Watanabe in einigen Sequenzen am Western. "In der Eröffnung und bei den Strandszenen habe ich an Spaghetti-Western gedacht. Am Strand haben wir zum Beispiel Sandstaub durch die Luft wirbeln lassen, wie in den Filmen von Sergio Leone. Ich hatte auch das Gefühl, dass japanische Schriftzeichen nicht wirklich zum Film passen würden – deshalb haben wir von Anfang an englische Titel benutzt. Aber schlußendlich... wird im Film natürlich japanisch gesprochen."

Nach Kurz- und Spielfilm ging die Geschichte von ‘19’ noch in anderen Zusammenhängen weiter. In einem Spot für den Musikkanal Viewsic erzählte Kazushi Watanabe eine Episode der Dreierbande vor der Entführung. Außerdem prägte Watanabes Darstellung in ‘19’ Takashi Miikes Visitor Q. "Watanabe erschien mir perfekt für die Rolle des Besuchers", erzählt Miike. "Ein wenig speziell und seltsam, jemand, der das Heft in die Hand nimmt, selbstbewußt, rätselhaft und unabhängig." Und schließlich adaptierte der Zeichner Daisaburo Sakamoto ‘19’ für eine Manga-Version, die in Kürze erscheinen soll.











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